ZULETZT HINZUGEFÜGT ODER ERGÄNZT:

22)
Bruckner - Sinfonien vom Anton aus Ansfelden ...
Ich habe sie gerade wieder (gleich in mehreren Fassungen und Aufnahmen) gehört, diese Sinfonie, die mich bereits in jungen Jahren immer wieder gefesselt hat. Es handelt sich hierbei um die sogenannte "Romantische" von Bruckner, der - obwohl Spätstarter und "Wagnerianer" - glücklicherweise nicht versuchte, sein Vorbild durch eigene "sagenumwobene" Opern-Kreationen nachzuahmen, sondern sich auf eigenständige Weise, insbesondere in seinen monumentalen Sinfonien auzudrücken verstand. ("Das beste an Wagner gibt es bei Bruckner zu hören", sage ich in diesem Zusamenhang gerne mal...). Diese als vierte gezählte Sinfonie gehört zu seinen thematisch einfallsreichsten, eingängigsten und formal geschlossensten und wird in den hier vorgestellten Aufnahmen auf hervorragende oder interessante Weise dargeboten: Die älteste und nach wie vor liebste ist mir die unter Otto Klemperer bei EMI eingespielte; eine mindestens ebenso attraktive und dabei klangtechnisch zeitgemäßere Version hat der kürzlich verstorbene Bruckner-Spezialist Günter Wand bei RCA veröffentlicht. Sergiu Celibidache soll dem Vernehmen nach allerdings die beste aller Versionen geliefert haben, die mir inzwischen auch bekannt ist, die ich aber trotzdem den anderen Aufnahmen nicht unbedingt vorziehen, sondern wegen der eigenwilligen Tempi als interessanten "Gegenentwurf" zur Seite stellen würde. Bruckner hat sich immer wieder dazu überreden lassen, nachträgliche Änderungen an seinen Werken vorzunehmen, die im Falle der Vierten soweit gehen, dass diese im Vergleich mit der Urgestalt (die ich gerade noch als letzte Variante unter Dennis Russel Davies gehört habe) vor allem in den Mittelsätzen wie gänzlich neu komponiert erscheinen.

In späteren Jahren habe ich dann noch die weitaus "sperrigere" 8. Sinfonie ( z.B. die DVD-Aufnahme mit Boulez ) und die 9. Sinfonie (z.B. wieder mit Wand) in mein Herz geschlossen. Die 7. Sinfonie habe ich erst spät erstmalig gehört (Karajan, EMI) und war gleich "hin und weg". (Tausche ohne Überlegung den 3. Satz dieser Sinfonie gegen die ganze "Walküre".... Noch empfehlenswerter finde ich inzwischen die Fassung mit Herreweghe auf HARMONIA MUNDI). - Eine weitere Bruckner-Sinfonie wurde mir von einem Musikerkollegen (und Bruckner-Fan) wärmstens empfohlen, so habe ich mittlerweile also auch die 5. gehört und möchte diese ebenso weiterempfehlen (DVD, Euroarts, Welser-Möst) wie auch nochmals die 9. Sinfonie in einer DVD-Einspielung mit Bernstein (der Bruckner selbst jedoch allgemein wohl nicht besonders schätzte..., aber bei dieser Aufnahme mal wieder auf seine ureigene Art "abhebt", was allein schon meine Empfehlung rechtfertigt ...).

21)
Schumann - Sinfonien II und III
... und es gibt sie entgegen aller Oberlehrermeinung ja doch und sogar reichlich - qualitativ hochwertige sinfonische Musik, deren Enstehung etwa in die Zeit zwischen Beethoven und seinem angeblich direkten Erbfolger Brahms fällt. Vor allem Werke solch bekannter Komponisten wie Schubert, aber beispielsweise auch von Mendelssohn oder etwa Berlioz (!) (mit seiner für die damalige Zeit regelrecht revolutionär anmutenden "Fantastischen Sinfonie") ließen sich mindestens leicht als Gegenbeweise anführen ( und selbst Wagner hat ja eine Sinfonie hinterlassen...). Schließlich ist auch Schumann mit seinen immerhin vier Sinfonien als wichtiger Vertreter dieser Übergangszeit zu nennen.

Insbesondere Bernstein und Szell haben sich "früh" (!?) auch durch ihre Gesamtaufnahmen der Sinfonien gerade für diesen Komponisten engagiert und ich möchte Interssierten hier vor allem die Szell-Versionen (auf CD, CBS) zum Einstieg empfehlen. Von Bernstein gibt es zudem Live-Konzertmitschnitte aller Sinfonien auf DVD zu erwerben. Letzterer besaß angeblich auch eine besondere Leidenschaft für Schumanns zweite Sinfonie, doch gibt es gerade diese meines Wissens nach nirgendwo so gut wie bei Szell zu hören. Herausragend bei dieser Sinfonie ist der dritte Satz (wie ich finde einer der schönsten langsamen Sätze der Konzertliteratur überhaupt, der in seiner Art durchaus noch zu Mahlers Zeiten als "modern" hätte gelten können). Desweiteren favorisiere ich noch die durchwegs auf höchstem Niveau gestaltete dritte Sinfonie (die "Rheinische"), die ich bisher noch nie wieder so stimmig eingespielt gehört habe wie unter dem sonst doch eher unscheinbaren Dirigenten Bernhard Haitink ( auf CD, Philips, jetzt auch im Zusammenhang einer Gesamtveröffentlichung). - Es gibt daneben inzwischen diverse weitere Gesamteinspielungen, jedoch: "Das Leben ist kurz..." und ich belasse es auch hier bei der Nennung der mir bedeutsamen. - In jedem Falle interessant und auch aufnahmetechnisch zeitgemäßer klingen zudem die Auszüge, die ich bisher von den Einspielungen der Schumann-Sinfonien unter Thomas Dausgaard (CD, Bis) hören konnte....


20)
Haydn - "kann ich (...) leiden" und so gespielt macht das Hören gleich noch doppelt Freude
Zugegeben: Haydn höre und spiele ich eher selten, aber wenn, dann bin ich immer wieder erstaunt über die intelligenten, häufig auch witzigen Einfälle, die seine Musik kennzeichnen, die Musik eines Mannes, der eher geordnet und "gesetzt" durchs Leben ging und wohl im großen und ganzen ein eher angenehmes (mal abgesehen von dem problematischen Verhältnis zu seiner Ehefrau) und relativ langes Leben zwischen frühem Erfolg, adeliger Unterstützung und sich mehr und mehr emanzipierendem Bürgertum führte, wovon auch er im Alter als Freischaffender noch profitierte.

Er komponierte in allen erdenklichen musikalischen Genres. Vom schlichten Lied, über Klaviermusik bis zur großen Oper und zum großen Oratorium reicht dabei sein Oeuvre. Weit über 100 Sinfonien stammen zudem aus seiner Feder und als Begründer einer Streichquartett-Kultur hat er einen besonderen Platz in der Musikgeschichte sicher.... Handwerklich erscheint er mir immer top, melodisch gefällig etc. und ich stoße immer wieder auf Werkteile (z.B. Einzelsätze von Sinfonien), die fabelhaft gut gemacht sind und ihre Wirkung nicht verfehlen. Die ganz großen Würfe a la Mozart habe ich bislang jedoch noch nicht entdecken können. Den größten Respekt habe ich aber vor der "Schöpfung" (empfehlenswert ist besonders die DVD-Aufnahme dieses Oratoriums mit Schreier, Pregardien u.a.), den "Sieben letzten Worten..." (in der ausgearbeiteten Fassung und in den Einspielungen von Harnoncourt oder Matt; die reine Streicherversion (z. B. Muti) ist dagegen langweilig) und zuletzt regelrecht gefangen genommen wurde ich von der Interpretation der Sinfonien Nr. 91 und 92 in der Einspielung mit dem Freiburger Barockorchester unter Rene Jacobs (Harmonia Mundi). Da stimmt vom Engagement für diese Musik und vom klanglichen Ergebnis einfach alles und es ist für mich leicht zu verschmerzen, dass hier (nur) einer von acht Sinfoniesätzen eher uninspiriert und verzichtbar daherkommt, so dass auch die fesselnde Interpretation daran nichts retten kann.... -

Verbunden werden die beiden Werke auf der CD durch eine eingeschobene längere Opernscene, die ebenso Lust auf mehr macht. Leider hat es aber wohl von Jacobs bis heute keine nachfolgende Haydn-Sinfonie-Einspielung gegeben. Aus qualitativen Gründen erscheint mir dies völlig unverständlich....

19)
Beethovens letzte Sinfonie oder: Ein herausragendes Werk braucht unbedingt auch eine herausragende Interpretation um als solches in vollem Lichte glänzen zu können. -
Ich habe dieses wohl bekannteste Werk des Komponisten beim Hören früher selten wirklich im Ganzen genießen können oder wollen, denn erstens konnte ich mich schon mit dem 1. Satz nie so richtig anfreunden, der irgendwie nur eine einzige zu lang geratene Einleitung zu sein scheint und auch der langsame dritte Satz wird häufig eher brav und oberflächlich dargeboten. Der Scherzo-Satz, hier an zweiter Stelle, war noch derjenige, den ich (immer wieder auch angeregt durch die gute Interpretation, die jahrelang der Windows-Installation als Demo-Beigabe diente) gern mal abspielte. -

Irgendwie wartete aber auch ich beim Hören im Zusammenhang mit der 9. Sinfonie eigentlich doch nur darauf, dass er endlich kommt, der besondere und berühmte vierte Satz mit der eingängigen Melodie auf der Basis von vor allem Tonika und Dominante (und Mozart!...), die inzwischen auch noch zur EU-Hymne wurde. Doch bis zum ersten Gesangs-Einsatz gilt es erst noch wieder einen Abschnitt zu überstehen, in dem die Themen der vorangegangenen Sätze aufgewärmt werden. Dann endlich erscheint zum ersten Mal zusammenhängend die Melodie in den Celli, und dann - ja, dann kommen auch die Minuten der Wahrheit für die vier Solisten, die bis dahin mit vielem beschäftigt gewesen sein mochten, vor allem wohl mit Rumsitzen, nur eben nicht mit Singen. Mit deren Qualität aber und der Balance zwischen ihnen, dem nun gleichfalls einsetzenden Chor und dem Orchester steht und fällt der Rest. Dabei hat es Beethoven leider geschafft (ob durch fehlende Inspiration oder aus Rache an Vertreterinnen dieser Stimmlage weiß ich nicht so genau), der Sopranistin Töne in den Weg zu legen, die nur dann gut klingen, wenn sie möglichst im Gesamtklang untergehen.
Untergehen, das wollte die Sängerin der von mir nun empfohlenen Aufnahme aus dem Jahr 1958 (keine Angst, sie ist digital sehr gut aufbereitet - die Aufnahme) wohl auf keinen Fall und so liegt hierin denn auch die einzige Schwachstelle der Einspielung mit den Berliner Philharmonikern unter Ferenc Fricsay, die mir ansonsten überaus gelungen erscheint und mir das erste Mal dieses Werk im Ganzen schmackhaft gemacht hat. Insgesamt spannend gestaltet und sehr transparent im Klangbild, so dass man jedes Wort auch des Chores gut verstehen kann. Insbesondere auch der langsame dritte Satz ist herausragend unter all den mir bekannten Aufnahmen, kurzum: Hier wird Extraklasse geboten und von mir deswegen gleich weiterempfohlen. Für mich jedenfalls eine unverhoffte, späte Entdeckung.

Ich werde mir nun zum Vergleich auch noch die hochgelobte neue Einspielung mit P. Järvi anhören, dazu gleich auch die 2011er Einspielung mit Chailly, die ich in Ausschnitten schon hören konnte und ebenso hoch einschätze. (Beide Dirigenten haben Gesamteinspielungen aller Sinfonien vorgelegt). - Die Liveaufnahme mit Bernstein (auf DVD), noch kurz vor seinem Tode entstanden, hat natürlich auch ihren ganz eigenen stimmungsvollen Reiz, schon aufgrund der Umstände ihrer Enstehung (Feier des Mauerfalls) ....

18)
Beck, Jeff: "Performing This Week - Live at 'Ronnie Scott's'" (Live-DVD oder Blu-ray)
Auch unter den E-Gitarristen gab und gibt es einige, die unverwechselbar und manchmal auch in Phrasierung und Tonerzeugung schlicht unnachahmlich sind. Der englische Gitarrist Jeff Beck gehört unzweifelhaft dazu: "Niemand lässt seine Bendings der Greifhand mit dem Einsatz von Volumenpoti und Vibratohebel und dem gleichzeitig wohl vielseitigsten und unorthodoxesten Picking der Welt so virtuos zu einem organischen Ganzen verschmelzen wie Beck. Das singt, sägt und rotzt unvergleichlich schön." (aus einer Amazon-Besprechung). Weiter heißt es dort in einer Kurzbeschreibung zu diesem Live-Mitschnitt: "Im Jahr 2007 gab Jeff Beck eine Reihe Konzerte im berühmten "Ronnie Scott's Club" in London. Die Tickets waren innerhalb kürzester Zeit restlos vergriffen, so dass Beck jeden Abend vor ausverkauftem Haus spielte. Diese DVD umfasst Aufnahmen von [zwei] unterschiedlichen Abenden (...). In einigen speziellen Performances wird er von illustren Gästen wie Joss Stone, Imogen Heap und Eric Clapton begleitet. (...) Was gibt's noch zu sehen? Eine unaufgeregte Kamera, die die intime, leicht angestaubte Clubatmosphäre gut einfängt, sowie relaxte Plaudereien mit den Künstlern" [plus ein längerer Konzertausschnitt von Beck mit einer Rockabilly-Band in derselben Location].

Zur Grundformation der Hauptkonzerte gehörten die blutjunge australische Bassistin Tal Wilkenfeld sowie Vinnie Colaiuta (Drums) und Jason Rebello (Keyboards), beide u. a. auch als Mitglieder der "Sting"-Begleitband bekannt. Allesamt außerordentlich versierte Vertreter ihres Fachs und ebenso wie Beck Mittler zwischen der Rock- und Jazz-Welt.

Ich habe Jeff Beck einmal Anfang der 70er Jahre in der Besetzung und mit den Stücken von "Beck, Bogart & Appice" in Hamburg live erleben dürfen. Schon damals hatte ich bereits einige Jahre - bedingt durch die Fan-Manie eines Freundes - die stete Weiterentwicklung dieses Gitarren-Heroen mitverfolgt, der danach als Nachfolger von Mick Taylor bei den "Stones" einsteigen sollte, aber dann doch nicht recht wollte und bereits Mitte der 70er mit "Blow by blow" sein erstes Solo-Projekt mit eindeutigen Jazz-Anklängen veröffentlichte.... (für alle, die mehr erfahren möchten: zwei Artikel in "Gitarre&Bass" aus 2009 geben ein längeres Portrait des Gitarristen und zeichnen seinen Weg bis in die Gegenwart nach).

Die hier besprochenen Live-Mitschnitte aus dem (insbesondere bei Jazzern) beliebten Londoner Klub bieten denn auch vornehmlich vom Jazz beinflusste Instrumental- Stücke aus der Schaffensperiode seit "Blow by blow" sowie zwei Highlights aus der Zeit davor: das wunderbare "People get ready" (Original Curtis Mayfield) und seinen "Beck's Bolero", entstanden aus seiner Zusammenarbeit mit Jimmy Page bei den "Yardbirds" sowie einige Blues-Klassiker.
Zum abrupten Schluss sei hier auch noch eine Warnung ausgesprochen, denn diese gitarrenlastige Blu-ray macht süchtig....

Nachtrag: Mit "Emotion & Commotion" hat Beck inzwischen ein (überraschenderweise eher ruhiges, orchestral arrangiertes und highendiges) neues Studio-Album vorgelegt, das in einer Spezial-Ausgabe mit einer DVD gekoppelt ist, die 6 Live-Beiträge vom "Crossroads-Guitar-Festival" 2007 enthält. Diese Mitschnitte bieten aufregende Alternativversionen von Stücken, die auch auf der oben besprochenen Blu-ray zu finden sind, wobei Beck hier vor einem Riesenpublikum nochmal deutlich freier und dominanter agiert als auf der Klub-Produktion, die aber für sich genommen trotzdem ein jazz-rockmusikalisches Juwel darstellt....


BISHER:


17)
Bach, Johann Sebastian: "Das Wohltemperierte Klavier", zweimal 24 Satzpaare aus Präludien und Fugen durch alle Tonarten, eingespielt auf einem modernen Konzertflügel von Rosalyn Tureck (4 CDs, Sony).
Die Musik Johann Sebastian Bachs ist nicht nur bereits vom Meister selbst immer wieder für allerlei Besetzungen und Gelegenheiten transkribiert oder sonstwie neu eingerichtet worden, sondern ist zuweilen bereits in Originalgestalt auf verschiedenen Instrumenten darstellbar, man denke nur an "Die Kunst der Fuge" oder z.B. auch an die Stücke mit dem bewussten Hinweis "pour la lute ou cembal", die heutzutage (transponiert und auf die Verhältnisse des Instruments durch Oktavierungen etc. leicht angepasst) meist auf der modernen Konzertgitarre dargestellt werden. Ähnlich verhält es sich mit den Stücken des "Wohltemperierten Klaviers" (von Pianisten gern pathetisch auch als "Altes Testament" bezeichnet und oftmals kurz als "WTK" abgekürzt), die (hier ohne eine Notwendigkeit der Transposition) wiederum weit häufiger auf modernen Konzertflügeln eine Aufführung finden als auf historischen Instrumenten....
Meine erste eigene (Schallplatten-)Gesamtaufnahme des WTK war allerdings die 'grundsolide' Cembalo-Einspielung mit Christiane Jaccottet, die es auch heute noch (auf CD) zu erwerben gibt. Daneben habe ich über die Jahre viele weitere gelungene Einspielungen von Stücken des WTK gehört, aber keinen wirklichen Anreiz verspürt, mir deshalb noch eine weitere Gesamtaufnahme zuzulegen, bis - ja, bis ich kürzlich zufällig auf die sehr wohlwollende Besprechung einer Einspielung mit der o. g. Pianistin stieß, deren Name mir bisher nicht einmal geläufig war, deren Aufnahmen aber auch mich letzlich überzeugt und dazu bewogen haben, dieses lange, manchmal in den Fugenteilen auch leicht sperrige Werk - das man nicht mal so eben nebenbei hört oder hören sollte - einmal wieder im Ganzen anzuhören und dabei auch tatsächlich zu genießen. Die Musik selber wirkt ja, hat man sie länger nicht gehört, immer irgendwie wie pure 'Läuterung' und ihre Interpretation ist hier zudem größtenteils als schlicht sehr gelungen zu bezeichnen und deshalb auch im Ganzen wirklich 'fesselnd'. - Lediglich beim Klang muss man wegen der schon "historisch" zu nennenden Aufnahmequalität Abzüge in Kauf nehmen. Allen Ersthörern und jenen, die nach einer echten Alternative zu den weithin bekannten Gesamteinspielungen z.B. der Herren Gould, Gulda, Richter usw. suchen, sei dieser Tipp anempfohlen. Hier wird das WTK nicht nur vorgeführt, sondern regelrecht "zelebriert" und man ist gut beraten, Frau dabei gut zuzuhören. - Auch in Etappen zu genießen....

Zitat:"Man kann daraus nicht nur viel lernen, sondern sie sind auch das beste Mittel gegen Größenwahn." (Der Komponist Hanns Eisler über die Präludien und Fugen aus J. S. Bachs "Wohltemperiertem Klavier")

16) Wonder, Stevie: "Innervisions" (CD, 1973) und "Live at Last/A Wonder Summer's Night" (Blu-ray, 2009), Warner Bros.
Tonträger mit solch durchgängig überragender Songqualität, mit soviel "Soul" eingesungen und mit solcher Kunstfertigkeit (weitestgehend eigenhändig von einem Multiinstrumentalisten) eingespielt, gab es bisher in der Popularmusik von einem Solokünstler - wenn überhaupt - wohl nur sehr selten zu hören. - Für mich ist dieses Album jedenfalls eines der besten der bisherigen Popmusikgeschichte, Punkt und aus.

Von Stevie Wonder gibt es diverse weitere empfehlenswerte CDs (z.B. das ausgezeichnete "Talking Book"-Album) und seit kurzem endlich mit "Live at last" auch eine Konzert-Blu-ray (DVD) zu erwerben, mit Interpretationen und Arrangements, die zum Großteil umwerfend gut geraten sind, z.T. leider aber auch einen sehr 'amerikanischen', mir zu 'glatten' Geschmack bedienen, will heißen: 3-4 Stücke hätte ich gerne im Austausch gegen andere auf der Setlist gesehen, die aber wohl als nicht massenkompatibel genug erschienen.... Immerhin bleiben weit über 20 Live-Knüller in überragender Klang- und (bis auf leichtes Bildrauschen in dunklen Bereichen) auch in sehr guter Bildqualität zu bewundern, die ganz ohne Michael-Jackson-Show-Blendwerk bestehen können, bzw. ihre relative Zeitlosigkeit bereits bewiesen haben. - Im Vergleich mit seinem musikalischen Vorbild Stevie Wonder ist bzw. war Michael Jackson jedenfalls der eindeutig bessere Tänzer....

15)
Fleetwood Mac: "Rumors" (CD) und "The Dance" (DVD), Warner Bros.
Konnte das gut gehen, als sich fünf empfindliche Musiker-Seelen von individueller Klasse 1997 zu einem zwar gemeinsamen aber letztlich doch nur einmaligen Live-Projekt viele Jahre nach ihrem Split nochmals zusammenrauften, vor allem, weil sich hier ja höchst private Erlebnisse und Animositäten immer mal - auch ungewollt - hätten mit einmischen können und die ganze Band sowieso nicht weniger als ihren überaus guten Ruf zu verlieren hatte? - Die Abba-Mitglieder z.B. haben so etwas trotz gigantischer Gagen-Angebote bis heute (und wohl auch für immer) vermieden.
Um es gleich vorweg zu nehmen: ja, es ging gut, so gut, wie zumindest ich es bisher in der Pop- und Rockmusik überhaupt nur selten gesehen habe. Und wenn ich meine Eindrücke mit den Rezensionen anderer vergleiche, stehe ich mit meiner Meinung keineswegs allein da.

Ihr Album "Rumors" galt und gilt auch für mich seit seiner Veröffentlichung 1977 bis heute als eines der besten der Popularmusik überhaupt. Eine überaus geglückte Zusammenstellung abwechslungsreicher, von Country-, Folk- und Singer-Songwriter-Tradition beeinflusster Pop- und Rocksongs, die für eine durchgängig hohe Hör-Qualität sorgt und die weit entfernt ist von der vielfach anzutreffenden Aneinanderreihung von 1-2 singletauglichen Songs plus 10 Lückenfüllern, selbst wenn auch in diesem Falle einige Stücke daraus besonders populär wurden.... (Tipp: Es gibt eine sehr sehenswerte und aufschlussreiche DVD-Dokumentation zur Entstehung und zu den Hintergründen von "Rumors", inclusive der oben angedeuteten privaten Beziehungsprobleme, welche die Zusammenarbeit erschwerten).

"The Dance" heißt eine Live-DVD aus 1997, auf der auch einige der Rumors-Perlen versammelt sind (die Bildqualität ist vor allem im Schnitt sehr gut, die Klangqualität für ein Live-Konzert ist selbst noch im Stereo-Mix der B-Seite umwerfend gut!!!). Aber vorsicht! Nicht nur die ungewöhnliche DVD-Version mit einer A- (im 5.1-Mix) und einer B-Seite ist zu beachten, sondern auch die für den amerikanischen Markt produzierte Version mit einem hierzulande in der Regel nicht abspielbaren Länder-Code kann zu Problemen führen, die auch ich erstmal überwinden musste (schon die Einfuhr aus einem "Drittland" brachte Probleme beim Zoll). Schließlich gelang auch das Abspielen mit Hilfe eines Gerätes, das auf Regioncode 0 eingestellt war (auch ein Betrachten mit dem Vlc-Player über ein Computerlaufwerk war möglich).
Nachtrag: Es gibt diese DVD jetzt (Juli 2010) auch offiziell bei uns zu kaufen, auch mit Ländercode 2....

Was ich dann von den Akteuren zu sehen und zu hören bekam, als da sind:
Lindsey Buckingham (ein überaus vielseitiger Gitarrist; er spielt und singt sich hier "die Seele aus dem Leib", trägt clever ausgetüfftelte, virtuose Gitarrenparts bei und drückt damit dem Mac-Sound unverkennbar seinen Stempel auf), Stevie Nicks (eine Pop-Elfe mit Charisma und eindringlicher, sehr sicherer Stimme und guten Songideen), Christine McVie (eine absolut coole Frau, smarte Sängerin, sichere Keyboarderin, die viele Klasse-Songs beigesteuert hat - "Songbird" ist bis heute eine meiner Lieblingsballaden und kommt live noch besser als auf CD zur Wirkung), der grundsolide John McVie am Bass (Vocals) sowie der feurig-schalkhafte Namensgeber und Gründer Mick Fleetwood am Schlagwerk (die zwei bilden seit der Fleetwood Mac-Gründerzeit, ursprünglich als Bluesrock-Band, eine der eingespieltesten und besten "Rhythmus- Formationen")
hat letztlich die Mühe gelont und wurde von mir, weil's so schön war, gleich wiederholt angeschaut. - Ach ja, wie heutzutage gang und gäbe, sind noch weitere Akteure (zwei Sängerinnen, zwei Percussionisten/Keyboarder?) für diese Live-Produktion im meist ausgeblendeten Bühnen-Hintergrund tätig und sorgen zusätzlich für einen perfekt abgerundeten Klangeindruck, der deswegen aber trotzdem nicht mal ansatzweise 'steril' rüberkommt. -

Das Saal-Sitz-Publikum nimmt die Darbietungen dem Anlass eines Live-Mitschnitts entsprechend weitgehend diszipliniert und freundlich applaudierend zur Kenntnis, kann aber nicht umhin, immer mal wieder enthusiastisch von den Sitzen aufzuspringen, und beim großen Finale "mit Pauken und Trompeten" hält es dann endgültig keinen mehr auf dem Stuhl..., so dass auch ich zusammenfasse: Wer nach dem Anschauen dieser Konzert-DVD noch 'unbeschwingt' ist und schlechte Laune nach außen trägt, der hat sie verdient. -

Raver, Rapper, Hipp-Hopper oder wie sie alle heißen werden das, was sie dort zu hören bekommen, wohl kaum mögen (zu melodiös, zu abwechslungsreich, zu filigran usw.) - Musiker schon, denn es wird allerbeste Unterhaltung auf ebensolchem Niveau geboten ....

->->-> weiterlesen im Archiv - hier klicken!